Auslegungen zur Quellensteuer – Unterschiedliche Ansätze des polnischen Finanzministeriums
10 März 2025
10 März 2025
Die Quellensteuer (Withholding Tax, WHT) ist seit Jahren eines der zentralen Themen für Unternehmen mit internationaler Geschäftstätigkeit. Die jüngsten allgemeinen Auslegungen des polnischen Finanzministeriums sollten Klarheit über die Bedingungen für die Quellensteuerbefreiung schaffen, haben jedoch zusätzliche Unklarheiten mit sich gebracht.
Das polnische Finanzministerium hat kürzlich zwei allgemeine Auslegungen zur Quellensteuer veröffentlicht.
In beiden Fällen ist der Wortlaut des polnischen Körperschaftsteuergesetzes (CIT) identisch: Die Quellensteuerbefreiung gilt, wenn das Unternehmen, das Lizenzgebühren oder Dividenden erhält,
nicht von einer Befreiung von der Einkommensteuer auf sein gesamtes Einkommen profitiert, unabhängig von der Quelle dieser Einkünfte.
(Artikel 22 Absatz 4 Punkt 4 des Körperschaftssteuergesetzes und Artikel 21 Absatz 3c des Körperschaftssteuergesetzes)
Trotz dieses identischen Wortlauts hat das polnische Finanzministerium unterschiedliche Auslegungen dieser Regeln vorgenommen, was bei Steuerpflichtigen berechtigte Bedenken hervorruft.
Die allgemeine Auslegung vom 15. November 2024 befasste sich mit der Frage der sogenannten „effektiven Besteuerung“ und bestätigte, dass die polnischen Vorschriften keine solche Voraussetzung für die Quellensteuerbefreiung von Dividenden enthalten. Bisher versuchten die Steuerbehörden häufig, eine Auslegung durchzusetzen, nach der Steuerpflichtige nachweisen mussten, dass Dividendeneinkünfte im Empfängerstaat tatsächlich besteuert wurden – etwa durch den Ausschluss jeglicher Steuervergünstigungen oder Präferenzen. Diese Praxis führte zu Unsicherheiten und Streitigkeiten zwischen Steuerzahlern und Steuerbehörden.
Das Finanzministerium stellte ausdrücklich klar, dass das Fehlen einer tatsächlichen Steuerzahlung durch den Dividendenempfänger – etwa aufgrund von Steuerverlusten oder einer sachlichen Steuerbefreiung im Rahmen der Umsetzung der Mutter-Tochter-Richtlinie – nicht automatisch eine Verletzung der Bedingung darstellt, dass der Empfänger „nicht von einer Befreiung von der Besteuerung seines gesamten Einkommens profitiert“.
Dies ist eine wesentliche Klarstellung, die frühere Unstimmigkeiten in den Auslegungen der Steuerbehörden und Verwaltungsgerichte beseitigt. In der Praxis bedeutet dies, dass Unternehmen und andere Einrichtungen, die von Steuervergünstigungen profitieren, nicht automatisch mit einer Aberkennung der Quellensteuerbefreiung rechnen müssen – solange sie nicht vollständig von der Körperschaftsteuer befreit sind.
Weitere Informationen zu dieser Auslegung finden Sie in diesem Artikel.
Die allgemeine Auslegung des polnischen Finanzministers vom 20. November 2024 zur Anwendung der Quellensteuerbefreiung für Zinsen und Lizenzgebühren führt einen wesentlich strengeren Ansatz ein als bei Dividenden – obwohl die Vorschriften im Körperschaftsteuergesetz identisch formuliert sind.
Der Finanzminister entschied, dass eine Quellensteuerbefreiung nicht nur davon abhängt, ob der Empfänger der Zahlungen in seinem Ansässigkeitsstaat der Körperschaftsteuer unterliegt, sondern auch davon, ob er keinerlei Steuervergünstigungen genießt – weder für bestimmte Unternehmen noch für bestimmte Einkunftsarten.
In der Praxis bedeutet dies die Erfordernis der detaillierten Analyse der in den Ansässigkeitsländern geltenden Steuersysteme der Begünstigten der Zinsen und Lizenzgebühren. Die Zahler müssen nicht nur prüfen, ob das ausländische Unternehmen tatsächlich der Körperschaftsteuer unterliegt, sondern auch bewerten, ob es von Steuervergünstigungen wie sektoralen Erleichterungen, Sonderwirtschaftszonenbefreiungen oder besonderen Steuerregimen profitiert. Eine besondere Herausforderung besteht darin, dass diese Informationen oft nicht öffentlich zugänglich sind, und ihre Beschaffung die Unterstützung ausländischer Steuerberater erfordern kann.
Darüber hinaus legt die Auslegung des Finanzministers nahe, dass nicht nur die allgemeinen steuerlichen Regelungen eines Landes geprüft werden müssen, sondern auch individuelle Verwaltungsentscheidungen, die für einen bestimmten Steuerpflichtigen ergangen sind. Dies wirft Fragen hinsichtlich des Umfangs der Sorgfaltspflichten von Tochtergesellschaften auf, die Zahlungen an verbundene Unternehmen leisten – insbesondere in Fällen, in denen der Zugang zu detaillierten Informationen über die steuerliche Struktur des Gesellschafters schwierig oder sogar unmöglich ist.
Der vom polnischen Finanzministerium verfolgte Ansatz ist höchst umstritten. Die vorherige Auslegung zur Quellensteuerbefreiung für Dividenden entschied zugunsten der Steuerpflichtigen, indem sie bestätigte, dass die wesentliche Voraussetzung die Steuerpflicht des Empfängers im Ansässigkeitsstaat ist. Bei Zinsen und Lizenzgebühren hingegen wurde eine wesentlich strengere Auslegung angewandt, was problematisch ist, da die gesetzlichen Vorschriften in beiden Fällen identisch formuliert sind.
Weitere Unsicherheiten ergeben sich hinsichtlich der Auslegung der EU-Richtlinien und ihrer Umsetzung in das polnische Recht. Der Finanzminister verweist auf EU-Richtlinien und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), ignoriert jedoch die Tatsache, dass das polnische Körperschaftsteuergesetz keine ausdrückliche Anforderung an die „effektive Besteuerung“ ausländischer Unternehmen stellt. Die Einführung einer solchen Bedingung auf der Ebene der Auslegung wirft Fragen hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit und der Stabilität der Steuerregelungen auf.
Allgemeine Auslegungen des polnischen Finanzministeriums sind ein wichtiges Instrument zur Steuerinterpretation, das eine einheitliche Anwendung der Steuerbestimmungen durch Steuerbehörden und Gerichte gewährleisten soll. Zudem können sich Steuerpflichtige und -zahler, die diesen Auslegungen folgen, auf einen gewissen Schutz vor nachteiligen Maßnahmen der Steuerbehörden verlassen – ähnlich wie bei individuellen Steuerbescheiden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass diese Auslegungen eine Rechtsquelle darstellen – Steuerbehörden können sich formal nicht darauf berufen, um Steuerverbindlichkeiten festzusetzen, nutzen sie jedoch in der Praxis häufig als Argumentationsgrundlage in ihren Entscheidungen.
In der Praxis bedeuten die veröffentlichten Auslegungen, dass noch mehr Vorsicht geboten ist und jeder Fall individuell geprüft werden muss. Es ist ratsam, die weiteren Entwicklungen der Quellensteuerregelungen aufmerksam zu verfolgen, da ihre endgültige Gestaltung erhebliche Auswirkungen auf Unternehmen mit internationalen Transaktionen haben wird. Die Quellensteuer bleibt einer der komplexesten Bereiche des polnischen Steuerrechts, und die jüngsten Entwicklungen zeigen, dass ihre Auslegung weiterhin im Wandel ist.
Sollte Ihr Unternehmen mit Herausforderungen im Zusammenhang mit der Quellensteuer konfrontiert sein, oder Unterstützung bei der Analyse der Auswirkungen der neuen Auslegungen benötigen, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Die kontinuierliche Beobachtung von Änderungen und deren korrekte Umsetzung kann Ihr Unternehmen vor unnötigen steuerlichen Risiken schützen.
Rechtsgrundlagen:
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